Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#1 von Franzburg , 31.12.2021 22:34

Auszug aus einer Veröffentlichung "Wir standen mit an der Wiege der Volksmarine" bei der Schiffahrtsgeschichtlichen Gesellschaft Ostsee eV.:

Stationierung von 2 KS-Booten in Saßnitz

Die lustige Seite der Sache war, daß wir im militärischen Teil des Saßnitzer Hafens neben einer Minenräum-Flottille der Baltischen Rotbanner-Flotte lagen. Deren Dienstplan richtete sich nach der in Leningrad herrschenden Zeit. Dort war also nach unserer Zeit bereits morgens 04.00 Uhr wecken. Wenn man Posten Oberdeck hatte, konnte man dann beobachten, wie ein Großteil der sowjetischen Matrosen sich beim Frühsport "verpissten" und in einer stillen Ecke des Hafengeländes des Fischkombinates, das sich an den militärischen Teil anschloß, erst einmal einen Lungentorpedo inhalierte. Es dauerte nicht lange, daß das viele unserer Besatzungsmitglieder nachmachten und wenn der Polit-Offizier dann Beschwerde darüber führte, gesagte wurde, das wir nur seine Forderung, uns die "ruhmreiche Baltische Rotbanner-Flotte" als Vorbild zu nehmen, erfüllten.
Das war schon ein lustiges Völkchen diese sowjetischen Matrosen, sie waren aber auch bedauernswert, denn Landgang bekamen bei ihnen nur die Offiziere. So konnte man an schönen Abenden beobachten, daß einer mit dem Akkordeon auf die Pier kam und zu spielen anfing und es dauerte gar nicht lange und schon war die schönste Männerparty mit Tanz im Gange. Auffallend für uns war auch, daß sie unheimlich viele Tiere an Bord hatten. Außer Hunden, Katzen und Papageien waren auch viele Rhesusaffen vertreten.
In Erinnerungt sind mir auch noch die Kinoabende. Die Seepolizei nutze eine alte Netzhalle des Fischkombinates für Filmveranstaltungen. Dazu wurden auch die "Freunde" eingeladen. Da sie kaum Abwechslung hatten, erschienen sie in Massen und brachten auch ihre Tiere mit. Da sie zu überwiegenden Teil die deutsche Sprache nicht beherrschten, war dann ein mächtiges Geschnatter in der Halle, so daß man vom Film wenig mitbekam, denn auch die Papageien und Affen, die auf den Schultern ihrer Herrchen saßen und die Hunde gaben ihren Senf noch dazu. Da war es schon besser, wenn ein sowjetischer Film mit deutschen Untertiteln lief.

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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#2 von Marinetaucher , 31.12.2021 22:35

zum Gefechtsdienst wurden die BRF U-Jäger immer zeitweilig in Sassnitz stationiert.
Die sowjetische Marine schicke noch bis in Mitte der 1970ziger Jahre die 201M zum Gefechtsdienst nördlich Rügen. Wenn die alten Dinger in der SU ablegten war das Dröhnen der Motoren schon zu hören und die riesige Rauchsäule bereits zu sehen.
Wenn getauchte BRD U-Boote erschienen wurden diese von der westlichen Ostsee durch VM begleitet und nördlich Rügen an den sowjetischen U-Jäger übergeben.

In der Regel standen auch polnische Vermessungs (Aufklärungs) schiffe auf Position.
Wobei hier eine neue Thematik aufkommt. Immer wieder wird nur von VM-BRF berichtet. Zusammenwirken VM-PSKF ist kaum beleuchtet.

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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#3 von Nordstern , 31.12.2021 22:36

Der westlichste Marinestützpunkt lag im Hafen von Wismar.
Aus den Stationierungslisten der GSSD gehen solche Stützpunkte nicht hervor. Weil dort direkt andere Streitkräfte - wie BRF - stationiert waren.
Von Wismar weiß ich von zeitweise stationierten sowjetischen Aufklärungsschiffen.

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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#4 von Signum , 31.12.2021 22:41

Man schreibt von der 234. Schiffsabt. der RS-Brigade Swinemünde. Die machte die seeseitige Deckung der Brigade.
Der Anleger war im Bereich des VM-Hafens und wer zu DDR-Zeiten zu Besuch in Saßnitz war und dabei einen Abstecher zum Fähranleger Trelleborg machte, konnte die Kriegsschiffe auch gut sehen.

Im nicht mehr vorhandenen Uraltforum war noch ein anderes Thema diskutiert: die Lotsenstation,
Eine User Lotse54 machte damals damit mehrere Foren verrückt. Denn keiner hatte die Lotsenstation als Teil der Sowjetarmee auf dem Schirm.

Ein kleiner Abriss zur Lotsenstation:
Kurze Zeit später (1854) bezogen dann noch die Seelotsen ihr Quartier im Turm des Hauses. Aufgrund der Lage der Station, hoch oben auf dem Kreidefelsen, hatten die Lotsen von hier die gesamte westliche Baltic Sea in ihrem Blickfeld. Unter anderem wurden die Kapitäne auf den Schiffen in der Prorer Wiek über einen angegliederten Flaggen- und Signalmast stets über Windrichtungen, Windstärken und über Sturmwarnungen informiert.

Ende der Zwanziger Jahre wurden aber bereits erste Weichen für eine Verlagerung der Zuständigkeiten der Seelotsen in die Hansestadt Stralsund gestellt und so begann der langsame Verfall des eigentlich sehr majestätischen Gebäudes. Während des zweiten Weltkrieges "verpasste" man dem Turm eine Betonplattform, zu welchem Zweck dies konkret geschah, ist nicht überliefert. Nach dem Krieg bezog die russische Armee das Haus und es diente nun ganz offensichtlich als Nachrichtenstützpunkt. Alteingesessene Saßnitzer erinnern sich heute aber auch noch liebevoll an das sogenannte Russenmagazin auf dem Gelände, wo man Textilien, Nahrungsmittel und allerlei Gebrauchsgegenstände, welche in der Bevölkerung rar waren, erwerben oder tauschen konnte.

Heute nun können Interessenten in diesem historischen Gebäude in der ehemaligen Wohnung des Hafenmeisters, ihren Urlaub genießen. = Ferienwohnung.


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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#5 von MMM , 31.12.2021 22:45

Richtig. Wir hatten damals als Kernaussagen:
Der grüne Parabolspiegel gehörte zu einem Sat.system das Anfang der 80 er Jahre aufgestellt wurde, um sicherlich nur nebenbei das russ. Fernsehen in die Dienststellen zu bringen.
Die Lotsenstation wurde teilweise als Kommandopunkt der sowj. Wasser-Einheiten als dann auch der VM mit benutzt. Die Funktechnik mittels Parabolspiegel stellte die Verbindung zum vorgesetzten Kommandopunkt in Richtung Osten sicher. Von hier wurde auch später der GS am Kap Arkona nachrichtentechnisch versorgt. Hier hing es speziell um den Aufstellungsbereich der gemeinsammen See-Angriffskräfte östlich von Rügen. Bedeutet, nach Alarmauslösung kamen dort Kräfte der sowjetischen Brigade und der 6. Flottille zusammen um quasi auf Reede im Schatten der Insel Rügen auf ihren Einsatzauftrag zu warten.
Kommando oblag der Brigadeführung, die gleichzeitig das Führungsorgan der Angriffskräfte der VOF war.
Der Führungsbunker Kap Arkona war noch nicht. KP war für die Bereitstellungsphase halt zeitweise Saßnitz. Auch mussten due Schiffe/Boote mit Kommunikation versorgt werden. Das erfolgte auch über die Lotsenstation.


 
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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#6 von Signum , 31.12.2021 22:47

Hier noch das Foto vom damaligen Posting des Lotse54.
Am Mast die Antennen sind konisch wie ein Lampenschirm und damit eindeutig Funkantennen des militärischen Marinefunk.


Angefügte Bilder:
lotsenturm.jpg  
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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#7 von Friedrich , 31.12.2021 22:53

Der Lotse54 schrieb noch:
Das Spitzdach wurde im Krieg abgetragen, die Turmmauern leicht aufgemauert und der obere Bereich des Turms mit einer Stahlbetonplatte verstärkt. Gleichzeitig legte man einen Stahlbetonring um den Turm, um den daraufmontierten Antennenmast zusätzl. zu stabilisieren.
Es soll wohl auch - lt. eines Sassnitzers -eine Flakabwehrstellung existiert haben (keine Belege dazu).

Sah dann seit Kriegsende so aus, man sieht bereits die russ. Kaserne:

Angefügte Bilder:
lotse1.jpg  
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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#8 von Friedrich , 31.12.2021 22:53

Ich war ja nun im Kdo VM der Richtfunkoffz. in der Abt. Nachrichten.
Die VM als solches nutzte die Lotsenstation nicht für ihre Funk-und Richtfunkverbindungen. Wenn dort etwas lief war immer Zusammenwirken mit BRF zu bewerten.
Die Russen hatten bereits eine Raumzelle dort oben. Der Punkt war auch personell besetzt. Keine Ahnung ob dieser Teil mal von Bundespost ausgetauscht wurde.
Die Antenne zw. Mast und Parabol sieht nach Mobilfunk-Sektorenantenne aus. Das Bild lässt sich zu besseren Identifizierung schlecht zoomen.

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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#9 von Müritzer , 31.12.2021 22:55

@Hogo hatte uns damals im Forum der 6. Flottille geschrieben:
Habe mich heute mit dem damaligen zuständigen Brigadespezialisten der 24. Brigade unterhalten, der auch Verantwortung für den Lotsenturm und die dort befindliche Besatzung trug. Die Besatzung bestand aus 4 Mann, 3 Matrosen und ein Fähnrich/Mitschmann. Sie hatten eine normale Funkausrüstung und eine kleine FuM Anlage "Donezk". Es gab keine FFK Anlage.
Der Parabolspiegel gehörte zu dem System der Satellitenfernsehverbindung "Moskwa-M", mit dem der Fernsehempfang des ersten sowjetischen Fernsehens in der Garnison sichergestellt wurde.


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#10 von NZZ , 31.12.2021 22:56

Also war das (auch) ein Technischer Beobachtungspunkt ala TBK VM NVA. Dann versteht sich der Aufbau der Dienstbaracke.
Jedoch schließt der TBP die anderen hier beschriebenen Aufgaben nicht aus.

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#11 von Lutger , 31.12.2021 22:57

In diesem Zusammenhang:Die Maße des Turmes werden mit acht mal acht Meter und 22 Meter hoch angegeben.
Von 1933 an war auf den Turm ein achtzehn Meter langer und wohl vier Tonnen schwerer Antennenmast.
Bezogen mit dem Standort auf dem Kreidefelsen ergibt sich eine stattliche Reichweite.

Zur Flak-Problematik: In Saßnitz sollen ja 2 Küstenartillerieschulen stationiert gewesen sein. Die Küstenartilleriebatterien sind auf Blättern der Alliierten eingezeichnet und unterlagen einem Bombenangriff auf Saßnitz..
Damals ( und bis in NVA-Zeiten) gehörte die Flak zur Artillerie. Daher verstehe ich manch fremde Denkweisen nicht, dass in Saßnitz keine Flakschule zu finden ist. Zeitzeugen berichten, dass eine der Artillerieschulen die Mannschaften der Küstenart. und eine Artillerieschule die Mannschaften der Marineflak ausbildete. Auch nur so macht der Bestand von 2 Artillerieschulen an einem Standort Sinn.
Zeitzeugen sucht man eben nicht in Saßnitz. :roll:
Bezogen auf den Lotsenturm, war dort eine Beobachtungsstelle ( Befehlsstelle) der Küstenartillerie eingerichtet, plus eine kleine Zwillingsflak der Marinebasis gegen mögliche Tiefflieger. Die Beobachtungsstelle konnte seeseits Schiffe aufklären aber auch für den Schulbetrieb und dem Einsatz die Treffergenauigkeit feststellen und per Funk Zielkorrekturen durchgeben.

Erst mit der MarineFlakAbt 227 gelangte der Turm mit der Miniflak ab 1944 bis 1945 in einen anderen Bestand.


 
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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#12 von Karl , 31.12.2021 22:59

Eigentlich war dort auch noch ein Objekt der 6. GBr Küste für die Grenzboot/Grenzschiff-Abt. im Südhafen.

1. Grenzschiffabteilung, 2355 Sassnitz, Hafen, PF 14568 (bis 16.11.1983 in Sassnitz, ab dem neuen Ausbildungsjahr zum 1. Dezember 1983 in Warnemünde Hohe Düne gemeinsam mit der 2. und 4. GSA stationiert - die Standortverlegung erfolgte bzgl. der Umstationierung der 3. U-Jagd-Abteilung der 1. Flotille der Volksmarine nach Sassnitz)

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#13 von Dan000 , 31.12.2021 23:02

Seit 2013 liegt diese Planung für das Kasernenareal auf dem Tisch.

Angefügte Bilder:
villaclara.jpg  
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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#14 von Dan000 , 31.12.2021 23:04

Hier Blick vom Hafen zur Kaserne und links ist der Lotsenturm mit drauf.

Angefügte Bilder:
saskasstat.jpg  
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RE: Russ. Marine in Saßnitz -historisch -

#15 von Signum , 31.12.2021 23:11

Die Gebäudelage:
Die Schiffe der Freunde lagen am Holzhafen Pos.13 und die der 6.GrBr in Pos.3.

Quelle: Museum Dranske/Bug


Angefügte Bilder:
sassnitzhafen.jpg  
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